Die Ebene 105


„Scheiße!“  das bin ich. „Vossnessen! Was machen Sie in meinen Gehörgängen?“ versuche Zeit zu gewinnen.

„Mann Doc! Glauben Sie wirklich ich würde die teuerste Weltraummission aller Zeiten einfach so los düsen lassen. Wie Rauschiff Enterprise oder Kampfstern Galactica? Wir beobachten Sie seit dem Abflug. Wir belauschen Sie. Wir riechen Sie. Wir wissen was Sie treiben, mit wem und wen´s interessiert, wie. Wir wissen, dass der Inder hinüber ist und die russische Trockenwachtel.“

„Halt Moment. Das geht etwas schnell. Warum? Ich meine, wer weiß davon? Wer hat das veranlasst?“

„Seit wann sind Sie neugierig? Drei Fragen auf einmal. Das ist sicher ihr persönlicher Rekord. Gut ich will nicht lange rum machen. An Bord sollte niemand davon wissen. Eigentlich! Aber dazu später. Wo soll ich anfangen?“

„Keine Ahnung! Ich weiß ja noch nicht mal, warum Sie in meinem Ohr rumpalavern und nicht bei Captain Miller oder der Deutschen.“

„Gut da haben wir doch schon mal was. Wir – genauer gesagt ich – habe Sie ausgewählt, weil Sie bei weitem der desinteressierteste Mensch sind, den ich kenne und ich kenne eine Menge Leute; könnte damit ganze Kleinstädte bevölkern.  Und Sie verfügen über beachtliche Fähigkeiten. Fähigkeiten von denen Sie selber anscheinend nichts wissen wollen. Außerdem hat die Deutsche ihren Teil dazu beigetragen, dass es leicht war Sie an Bord zu bringen. Sie hat Sie als journalistische Begleitperson gewünscht. Warum weiß der Teufel. Sicher nicht wegen ihrer Stecherqualitäten. Aber gut Sie haben einen Stein im Brett bei der Dame. Außerdem haben Sie einen Vorteil. Sie sind erpressbar.“

Mir wird flau. Das Arschloch hat Recht. Tut mir leid liebe Leserin. Sicher wollen Sie wissen, warum ich bestechlich bin. Vielleicht glauben Sie sogar, dass Sie ein Recht darauf haben informiert zu werden. Schließlich kennen wir uns seit 104 Kapiteln, von denen nicht jedes unterhaltsam war. Das ist mir egal. Es geht Sie ein Scheißdreck an, warum ich erpressbar bin. Von mir aus denken Sie sich was aus. Eine liebende Mutter im Rollstuhl, die meine Heimkehr herbeisehnt, damit ich sie zu Tode pflegen kann. Oder eine süße kleine Göre, die ich noch zu einem verzogenen Teenager hoch päpplen muss, bevor ich ihr endgültig peinlich werde. Oder ein Hamster der auf sein Futter wartet und davon träumt ich sei Sodomist. Denken Sie, was Sie wollen. Der Grund, warum ich erpressbar bin, geht Sie nichts an.

„Huhu, hab ich’s doch gesagt. Erpressbar. Aber keine Panik, wir haben nichts Unanständiges vor. Ich will Ihnen nur noch mal die Situation klar machen. Wie gesagt: Sie sind für mich der ideale Verbindungsmann zu der ganzen Truppe. Eigentlich wollte ich gar keinen Gebrauch machen von dieser Möglichkeit. Sie sollten da raus fliegen und mit einer wie auch immer geratenen Erkenntnis heim kommen. Ich hätte meinen Teil der Ernte irgendwie abgezwackt und Gewinn bringend vermarktet. Nichts leichter als das. Dummerweise bekommen wir hier unten so langsam das Gefühl, dass die ganze Mission ein bisschen außer Kontrolle geraten ist. Ich meine damit nicht dieses komische Raumloch oder den Meteoritenschwarm. Nicht, dass ich der Meinung bin, so was vereinfacht die Mission. Aber ich meine andere Schwierigkeiten.“

Pause. Bedeutungsvolle Pause. Der Arsch erwartet allen Ernstes eine Zwischenfrage.

„Und?“ ich.

„Und was?“ der Arsch.

„Was weiß ich? Sie haben aufgehört zu erzählen.“

„Habe ich?“

„Ja!“

„Oh, ok. Sie sind wirklich nicht immer sehr angenehm, Doc!“

„Meistens schon, sagt man.“

„Wo war ich stehen geblieben?“

„Irgendwas mit anderen Schwierigkeiten.“

„Als was?“

„Sie meinten andere Schwierigkeiten als Raumlöcher und Meteoritenschwärme.“

„Wo?“

„Hier oben bei uns! Ich meine hier im Weltall.“

„Was zum Teufel machen Sie im Weltall?“

Das hab ich nicht erwähnt. Wann auch? Vossnessen leidet unter Amensie-Attacken. Das ist bisweilen ganz unterhaltsam. Vor allem dann, wenn er einen gerade zusammenscheißt. Dann verliert er den Faden und man ist in einer Dialog-Groteske, bis man schnallt, dass er nichts schnallt. Das einzig blöde ist, er fängt sich nach einiger Zeit wieder und es geht an der Stelle weiter, an der das Gespräch unterbrochen wurde.

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