Miller hat Glück gehabt. Sein Kehlkopf ist nicht ernsthaft verletzt. Vielleicht wird er sein Leben lang heiser sein, aber das sollte ja nicht so schlimm sein. Wichtig ist mir erst mal, dass er die Fresse hält. Habe keine Lust auf seine Entschuldigungen darüber, dass er sich so einfach hat ausboten lassen. Ihm ist es wahrscheinlich eher recht, sich nicht rechtfertigen zu können. Wer will sich schon von einer deutschen Blondine verkloppen lassen? Mir selbst ist es unangenehm, dass ich ihm nicht geholfen habe. Also kühle ich schweigend seinen Hals und frag ihn nur, ob er wieder auf die Brücke will. Er nickt säuerlich. Wir latschen also zurück. Dort angekommen erwarten uns weder vorwurfsvolle, noch verächtliche noch sonst wie deutbare Blicke. Alle sind voll beschäftigt. Die Deutsche schaut kurz auf. Sieht Miller mit verbundenem Hals und geht stracks auf ihn zu:
„Tut mir leid, aber ich habe keine andere Lösung gesehen. Sie haben sicher in bestem Wissen gehandelt. Doch Sie können die Situation bei weitem nicht so gut beurteilen, wie ich. Verstehen sie mich nicht falsch. Sie sind ein hervorragender Astronaut. Doch Sie konnten leider nicht wissen, was ich weiß. Bitte schauen Sie das an.“
Sie übergibt ihm einen kleinen Tablettrechner auf dem anscheinend ihre Berechnungen zu sehen sind. Miller nimmt das Teil vollkommen verdattert und setzt sich in seinen Kommandantensessel. Er ist immer noch ziemlich geschockt und Tausendschönchens Vorstandsgeschwafel hat da sicher noch einen draufgesetzt. Auf jeden Fall wischt er jetzt brav auf dem Tablettbildschirm hin und her und versucht dabei Haltung zu bewahren. Ich glaube er kapiert gar nichts. Aber darum geht es wahrscheinlich auch nicht. Wichtig ist, dass er sein Gesicht bewahren kann, dass er nicht als Depp dasteht und da hilft so ein Wischtablett zu dem man wissende Miene machen kann.
Die Deutsche beugt sich wieder über ihre Bildschirme. Captain Miller ist eine Episode aus vergangenen Zeiten. Ich schiebe mich an Sylvia ran.
„Sorry, aber ich bin zur Zeit etwas überlastet. Meinst du es war richtig, sie gewähren zu lassen?“ raune ich ihr zu.
„Ich weiß es auch nicht. Das ist das Problem. Sie kann uns alles erzählen und wir wissen nicht, ob sie spinnt, oder ob es die Wahrheit ist. In diesem Fall: Ich hab mit Smerg drüber gesprochen. Sie hat in allem Recht. Ein Ausweichmanöver mit den Steuerdüsen würde nichts bringen. Also lass uns hoffen, dass Smerg sich nicht täuscht. Übrigens ist der Schwede der gleichen Ansicht.“
Dann ist ja alles gut. Mir fällt bei dem Gedanken Ben ein. Sollten wir demnächst pulverisiert werden, so bekommt er das gar nicht mit. Kann mir vorstellen, dass er das gar nicht will. Also nicke ich dem Rest kurz zu und gehe wieder zur Krankenstation.