An dieser Stelle muss ich – sicher zum Ärgernis der Leserin – einen Blick auf die Ereignisse werfen, die sich kurz nach meinem Besuch in der obskuren Apparatur nahe Braunschweig ereigneten. Es fällt mir schwer, jetzt wo die Dinge immer noch so ungewiss sind, einen klaren Gedanken zu fassen.
Kurz nach der Begegnung mit Gunter Meier bekomme ich die Nachricht, dass der nette Physiker bei Wartungsarbeiten getötet wurde. Die genauen Umstände seines Ablebens sind Gegenstand einer mehrköpfigen Kommission. Mittlerweile schlummern die Untersuchungsergebnisse unbeachtet im Landgericht Braunschweig. Folgendes habe ich erfahren: Meier hatte gemeinsam mit seinem Kollegen Fritsche, den ich auch kannte, ein neues Messsystem angebracht. Dieses Messsystem sollte den Braunschweiger Messkanal den anderen überlegen machen. Die beiden Wissenschaftler hatten das neue Instrument gerade justiert, als ein für den Laien unscheinbares Signal auf dem Monitor erschien. Für Fritsche und Meier war der dezente Peak bei 240 Nanometern alles andere als unscheinbar. Sie hatten den ersehnten Schwerkraftsprung gemessen! Sollte das der Nobelpreis sein? Der Hysterie nahe beugten sich die Physiker über die Aufzeichnungen. Wer weiß, wie viele Jahre Arbeit in so einem Projekt stecken, kann vielleicht verstehen, warum sie die üblichen Sicherheitsmaßnahmen nicht beachteten. Ein Großmessgerät dieses Kalibers ist keine Blackbox wie ein iPod. Überall hängen Kabel rum, viele davon leiten Signale weiter. Sie sind bunt aber harmlos. Doch ab und an gibt es da wohl Starkstromkabel. Schwarz, grau oder rot ummantelt. Keine Ahnung. Wichtig ist nur: Eines davon hatte sich während der Wartungsarbeiten gelockert und genau im Moment der sensationellen Entdeckung gelöst. Meiers Pech war, dass er genau darunter stand. Fritsches Glück war, dass er Meier nicht ein zweites Mal auf die Schulter klopfte. Meiers Haarzopf strebte vibrierend nach außen – unentschieden, ob Locken zu bilden seien oder ob es besser sei, auszufallen. Der Raum roch schnell nach verkohltem Fleisch. So ist das, wenn 4800 Volt durch einen menschlichen Körper jagen.
Damals wusste ich nichts von den Details. Nur eines war klar: Der Braunschweiger Schwerkraftkanal hatte ein Ereignis gemessen. Irgendwo da draußen.