Die Ebene: 10

Sylvia sitzt an ihrem Rechner. Was sie da genau macht, hab ich nie kapiert. Sie starrt Buchstabenreihen an, markiert sie und schiebt sie hin und her. Soweit ist klar. Aber wozu das Ganze? Hab sie nie gefragt. Finde es bescheuert, über den Job zu reden. Schließlich gibt es ja noch anderes. Als ich sie so konzentriert  arbeiten sehe, bereue ich meine fehlende Neugier. Sie ist in ihre Arbeit vertieft. Die Außenwelt spielt keine Rolle. Das  merke ich, weil sie sich mich nicht bemerkt, obwohl ich jetzt nur wenige Zentimeter neben ihr stehe. Ich ärgere mich darüber, dass ich so leise an sie ran getreten bin. Jetzt wirkt es so als hätte ich mich angeschlichen. Dabei wollte ich sie nur nicht stören. Verrat mir mal einer, wie da wieder rauskommen. Räuspern? Sie laut ansprechen? Zurück gehen und noch mal zu ihr gehen?

„Glotz nicht so blöd auf den Bildschirm, Al!“

Sylvia hat für alles eine Lösung! Ich könnte sie umarmen. Stattdessen glotz ich sie an,

„Das sind die Signale, die wir seit 3 Wochen empfangen,“ klärt sie mich auf. „ich kann machen was ich will. Ich krieg es nicht raus. Dabei weiß ich, dass da eine Regelmäßigkeit drin ist. Ein Code! Eine Sprache. Sobald ich den Schirm anschalte erkenne ich es. Ich fang an systematisch vorzugehen und alles verschwindet. Ich sitze Stunde um Stunde davor. Doch der erste Eindruck kehrt nicht zurück. Nur irgendwelche Buchstaben oder Zahlen. Ich hab beides versucht. Dann dreh ich den Rücken, mach etwas anderes. Entferne mich. Setze sozusagen meine Kryptografie auf Null und sobald ich den Monitor betrachte, ist das Muster klar vor meinen Augen. So geht es jetzt seit drei Wochen und ich bin kein bisschen weiter gekommen. Jetzt das da draußen. Es muss da einen Zusammenhang geben.“

 „Heißt das, dass du keine Dolmetscherin bist?“

„Doch, auch! Aber ich bin auch gleichzeitig Kryptografin. War mein Hobby. Bisher. Jetzt ist es meine Mitflugberechtigung.“

„Warum weiß ich nichts davon?“

„Geht dich anscheinend nichts an.“

Sie grinst.

„Ist aber egal. Außerdem hast du nie gefragt. Dabei sagte man mir du seiest Journalist.“

„So ungefähr, aber ich kann Fragen nicht leiden,“ platzt es mir raus.

„Zumindest, wenn sie mir gestellt werden.“

Natürlich bereue ich das sofort, denn Sylvia dürfte mich schon fragen. Sie würde schon keine blöden Fragen stellen. Denke ich mal.

„Na so interessant bist du nu wieder auch nicht,“

schnippt sie zurück. Das sitzt. Auch wenn ich weiß, dass Sylvia schnell frech wird.

„Ok! Friede ja? Warum fragst du nicht die durch geknallte Miss Germany?“

„Bloß nicht. Die bringt es fertig und entschlüsselt das ganze in Nullkommanix. Das wäre nicht gut für mein Ego. Nee, das muss ich alleine regeln. – Außerdem trau ich ihr nicht.

Ich weiß, was sie meint. Normalerweise würde ich ja denken, typisch Frauen. Die müssen sich halt beharken, wo´s nur geht. Aber bei der Deutschen funktionieren klassische Verhaltensmuster nicht. Die ist wie ein Wesen aus einem anderen Stern. Manchmal denke ich, sie ist so was wie ein Cyborg oder Roboter. Wie aus Alien 1. Doch dafür ist unsere Technik nun wirklich nicht weit genug. Außerdem umgibt sie eine merkwürdige Art von Aura. Als sei sie nicht anwesend. Wenn sie dich anschaut, dann  blickt sie einfach in dich hinein und durch. So als seiest du ein Insekt oder so was.

„Manchmal denke ich sie existiert gar nicht,“ fährt Sylvia fort.

„Klar sie ist sicher nur ein Hologramm,“ antworte ich „dass uns die Auftraggeber mitgeschickt haben“ ich grinse sie an.

Ein bisschen stolz bin ich schon auf diese Idee; schließlich musst du da erst mal drauf kommen. Währen ich also vor mich hingrinse, zeigt Sylvia wieder mal, dass sie mir weit überlegen ist:

„Hologramm, ja das habe ich auch schon gedacht. Nur glaub ich nicht, dass sie irgendjemand geschickt hat.“

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Über dieebene

tv-autor, journalist, filmemacher
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